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Im Wege des Insolvenzverfahrens sollen alle Gläubiger des Schuldners gemeinsam und gleichmäßig befriedigt werden. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens tritt der vom Gericht bestellte Insolvenzverwalter an die Stelle des Arbeitgebers und nimmt dessen Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis war. Wichtiger Bestandteil im Insolvenzverfahren ist die Sicherung der Entgeltansprüche der Arbeitnehmer durch das Insolvenzgeld und der Bestand des Arbeitsverhältnisses nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat auf den Bestand der Arbeitsverhältnisse zunächst keine Auswirkungen, d.h., dass grundsätzlich die Regelungen des allgemeinen Arbeitsrechts fortgelten. Der Insolvenzverwalter hat die Arbeitnehmer also weiterhin zu beschäftigen, allerdings mit der Möglichkeit, die Arbeitnehmer freizustellen, sofern dies bei fehlendem Beschäftigungsbedarf „masseschonend“ wirkt. Das Arbeitsentgelt für die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbrachten Arbeitsleistungen ist aus der Insolvenzmasse zu zahlen. Davon erfasst sind auch das Urlaubsentgelt, das Urlaubsgeld sowie der Urlaubsabgeltungsanspruch. Ebenso erfasst sind Annahmeverzugsansprüche, Kündigungsabfindungen, Sozialplan- und Nachteilsausgleichsansprüche, wenn der Anknüpfungstatbestand nach Insolvenzeröffnung liegt.

Die Ansprüche des Arbeitnehmers aus dem Zeitraum vor der Insolvenzeröffnung, wozu insbesondere die Entgeltansprüche zählen, sind so genannte „einfache Insolvenzforderungen“. Hierzu zählen auch vertragsgemäß erst nach Insolvenzeröffnung fällige Vergütungsansprüche bei Altersteilzeit, wenn die Arbeitsleistung im Blockmodell bereits vollständig vor Insolvenzeröffnung erbracht worden ist. Ebenso Nachteilsausgleichansprüche, die dadurch entstehen, dass ein Arbeitgeber eine Betriebsänderung durchgeführt hat, ohne mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich versucht zu haben. Dies setzt weiter voraus, dass die Betriebsänderung noch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens durchgeführt wird. Derartige Ansprüche müssen die Arbeitnehmer innerhalb einer vom Insolvenzgericht festgelegten Frist beim Insolvenzverwalter schriftlich anmelden.

Arbeitnehmer (und auch deren Erben) haben jedoch die Möglichkeit, neben der Anmeldung der Ansprüche beim Insolvenzverwalter, die Zahlung von Insolvenzgeld bei der Agentur für Arbeit zu beantragen. Dies wird in der Regel für die letzten drei dem Insolvenzereignis vorausgehenden Monate gezahlt. Wichtig ist, dass die Antragstellung innerhalb von 2 Monaten nach dem Insolvenzereignis erfolgen muss!

Der Insolvenzverwalter ist während der Insolvenz befugt, das Arbeitsverhältnis zu kündigen. Die Insolvenz allein ist jedoch kein Grund, der es etwa rechtfertigt, eine betriebsbedingte Kündigung der Arbeitsverhältnisse auszusprechen. Es ist lediglich eine Abkürzung der Kündigungsfrist vorgesehen. Ein Arbeitsverhältnis kann vom Insolvenzverwalter und vom Arbeitnehmer mit einer Frist von 3 Monaten zum Monatsende gekündigt werden, sofern nicht für das Arbeitsverhältnis außerhalb der Insolvenz eine kürzere Frist gilt. Eine solche Kündigung mit verkürzter Frist kommt schon vor Antritt des Arbeitsverhältnisses in Betracht. Die verkürzte Kündigungsfrist im Insolvenzverfahren gilt auch für den Ausspruch einer Änderungskündigung. Will entweder der Arbeitnehmer oder der Insolvenzverwalter die Unwirksamkeit der Kündigung geltend machen, muss innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung eine Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht eingereicht werden.

Das Recht zur außerordentlichen Kündigung bleibt von der Insolvenz unberührt. Die Insolvenz selbst stellt jedoch weder für den Arbeitnehmer noch für den Insolvenzverwalter einen Grund zur außerordentlichen Kündigung dar. Befristete Arbeitsverhältnisse können ebenfalls mit einer Frist von 3 Monaten ordentlich gekündigt werden.

Betriebsvereinbarungen, die Leistungen für die Arbeitnehmer vorsehen und damit die Insolvenzmasse belasten, sind ebenfalls mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündbar, wenn sich der Insolvenzverwalter und der Betriebsrat nicht auf eine einvernehmliche Herabsetzung der Leistung verständigen können.

Ein Sozialplan, der vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens (jedoch nicht früher als drei Monate vor dem Eröffnungsantrag) aufgestellt worden ist, kann sowohl vom Insolvenzverwalter als auch vom Betriebsrat widerrufen werden. Leistungen aus diesem Sozialplan, die bereits an Arbeitnehmer erbracht worden sind, können jedoch nicht zurückgefordert werden.

Das Volumen eines Sozialplanes ist in der Insolvenz auf einen Gesamtbetrag von zweieinhalb Monatsverdiensten der von der Entlassung betroffenen Arbeitnehmer begrenzt. Zudem darf für Sozialplanforderungen nicht mehr als ein Drittel der Masse verwendet werden, die ohne den Sozialplan für die Insolvenzgläubiger zur Verfügung stünden. Die Sozialplanforderungen sind als Masseforderung vorrangig zu befriedigen.

Arbeitnehmer, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sind, haben Anspruch auf ein Zeugnis allein gegen den bisherigen Arbeitgeber. Führt der Insolvenzverwalter den Betrieb fort, haben die Arbeitnehmer, die nach diesem Ereignis ausscheiden, einen Anspruch allein gegen den Insolvenzverwalter und zwar auch für die Zeit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

  • Jens Groschopp

    Rechtsanwalt


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