Zu Beginn der kalten Jahreszeit stellt sich in vielen Wohnungseigentumsanlagen die Frage, wer eigentlich für die Einhaltung der Räum- und Streupflicht verantwortlich ist; das gleiche gilt für Schutzmaßnahmen gegen herabstürzende Eiszapfen bzw. „Dachlawinen“. Diese Problematik beschäftigt auch regelmäßig die zuständigen Gerichte.
Grundsätzlich ist zunächst der Verband der Eigentümer Träger der Verkehrssicherungspflicht und nicht mehr der einzelne Wohnungseigentümer. Seitdem die Rechtsprechung die sogenannte Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft bejaht, ist allein diese Träger der entsprechenden Verkehrssicherungspflichten (OLG München, Beschluss vom 24.10.2005, Az. 34 Wx 82/05). Diese Verantwortung ergibt sich inzwischen auch aus dem Wohnungseigentumsgesetz, § 10 Abs. 6 WEG.
Ist ein Verwalter bestellt, so hat dieser die Einhaltung der Verkehrssicherungspflicht zu gewährleisten. Die dem Verwalter durch Vertrag übertragene Pflicht, alles zu einer ordnungsgemäßen Verwaltung Notwendige zu tun, umfasst auch die Verkehrssicherungspflicht (OLG Karlsruhe, Urteil vom 30.12.2008, Az. 14 U 107/07). Diese Pflicht führt dazu, dass der Verwalter auch gegenüber Dritten haftet – eine Haftung der Eigentümergemeinschaft ist dann i.d.R. ausgeschlossen. Der Verwalter kann die Verkehrssicherungspflicht auch wirksam auf andere Dienstleister (z.B. Hausmeisterdienste) übertragen. Hierbei wird er jedoch nur dann von der Haftung befreit, wenn er den Vertrag mit dem externen Dienstleister auch im Namen der Eigentümergemeinschaft abschließt und nicht im eigenen Namen. Schließt der Verwalter den Vertrag im eigenen Namen ab, haftet er auch für ein Verschulden des Dienstleisters, da es sich hierbei lediglich um seinen Erfüllungsgehilfen handelt (OLG Karlsruhe, Urteil vom 30.12.2008, Az. 14 U 107/07).
In vielen Wohnungseigentumsanlagen kümmern sich die Eigentümer zuverlässig selbst um die Einhaltung der Räum- und Streupflicht - eine Pflicht hierzu besteht jedoch nicht! Es ist auch nicht möglich die Wohnungseigentümer durch einen Beschluss der Eigentümerversammlung zu verpflichten, den Winterndienst im Rahmen der Hausordnung selbst auszuführen.
Im Gegenteil: Die einzelnen Eigentümer haben sogar einen Anspruch darauf, dass der Winterdienst durch eine Vergabe an einen externen Dienstleister sichergestellt wird (BGH, Urteil v. 9.3.2012, V ZR 161/11).