BGH: Auch Kinderlärm hat Grenzen

Ein detailliertes Lärmprotokoll ist zur gerichtlichen Durchsetzung zumeist nicht erforderlich

BGH, Urteil vom 22.08.2017 (Az.: VIII ZR 226/16)

Lärmbelästigungen aus Nachbarwohnungen führen häufig zu Konflikten im Mietverhältnis. Kinderlärm stellt jedoch nur unter engen Voraussetzungen einen Mangel dar. Viele Klagen hiergegen scheiterten auch bereits daran, dass die Mieter nicht anhand von detaillierten Lärmprotokollen darlegen konnten, welchen Beeinträchtigungen sie konkret ausgesetzt waren.

Zu beiden Problematiken hat der Bundesgerichtshof nunmehr Stellung genommen.

Grundsätzlich sind gelegentlich auftretende Lärmbeeinträchtigungen in einem Mehrfamilienhaus hinzunehmen und stellen nicht ohne weiteres einen Mangel der Mietsache dar. Insbesondere Kinderlärm ist nach dem Immissionsschutzrecht als zumutbar zu behandeln. Allerdings hat diese Toleranz auch ihre Grenzen. Hierbei ist im Einzelfall zu prüfen, welche Art, Qualität und Dauer die Geräuschimmissionen haben. Zudem ist das Alter und der Gesundheitszustand des Kindes zu berücksichtigen, sowie die Vermeidbarkeit, etwa durch erzieherische Einwirkungen oder bauliche Maßnahmen.

In dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall legte die klagende Mieterin anhand von Lärmprotokollen dar, welchen (heftigen) Belästigungen sie im Einzelnen aus der über ihr liegenden Wohnung ausgesetzt war.

Die Vorinstanzen wiesen die Klage gegen die Vermieterin auf Mietminderung und Beseitigung der Störung jedoch ab. Dies wurde unter anderem damit begründet, dass die klagende Mieterin bereits bei ihrem Einzug hätte wissen müssen, dass es in einem Mehrfamilienhaus zu solchen Beeinträchtigungen kommen kann. Darüber hinaus stellten nach Auffassung der Vorinstanz auch die regelmäßigen lautstarken Auseinandersetzungen der Eltern mit den Kindern eine hinzunehmende normale Wohnnutzung dar.

Der BGH hob diese Entscheidung auf. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs können insbesondere die ständig auftretenden familiären Auseinandersetzungen sowie das Schreien und Brüllen der Eltern nicht mehr als eine im üblichen Rahmen liegende erzieherische Einwirkung verstanden werden. Ein Mangel der Mietwohnung liegt damit vor - der Bundesgerichtshof verwies die Sache zurück an die Vorinstanz zur weiteren Entscheidung.

Der Bundesgerichtshof stellt zugleich klar, dass es im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung ausreichend ist, wenn der klagende Mieter den Sachverhalt so darlegt, dass sich hieraus ergibt, welche regelmäßigen Beeinträchtigungen zu welchen Tageszeiten aufgetreten sind. Es kann vom Mieter nicht verlangt werden, dass er ein detailliertes Protokoll über die Lärmbelästigungen führt, wie es viele Instanzgerichte zu Unrecht fordern.