AGB im Internet

BGH, Urteil 10.07.2025, Az. III ZR 59/24

Die Entscheidung befasst sich mit der Einbeziehung von im Internet abrufbaren allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) bei Vertragsschlüssen. Der BGH hat entschieden, dass die in einem Antragsformular enthaltene Klausel „Es gelten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (abrufbar über www. ...)“ gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verstößt und somit unwirksam ist.

Kernaussagen des Urteils

  • Die Klausel ist selbst eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 305 BGB, da sie mehrfach in vergleichbaren Verträgen verwendet wird und für eine Vielzahl von Fällen gedacht ist.
  • Der Verweis auf im Internet abrufbare AGB in einem Briefformular führt zu einem „Medienbruch“, da der Vertrag ausschließlich auf Papier abgeschlossen wird, die AGB aber nur online zur Verfügung stehen. Dies erschwert die zumutbare Kenntnisnahme für den durchschnittlichen Verbraucher erheblich, insbesondere, weil bei postalischer Abwicklung nicht davon ausgegangen werden kann, dass alle angeschriebenen Verbraucher problemlos Zugang zum Internet haben.

  • Entscheidend ist, dass die Klausel dynamisch auf die jeweils unter der angegebenen Internetadresse hinterlegte (und künftig veränderte) Fassung der AGB verweist, sodass für den Kunden nicht klar erkennbar ist, welche bestimmte Fassung Vertragsbestandteil werden soll. Dadurch entsteht ein unzulässiges Änderungsrecht für den Verwender.
    Die Klausel genügt daher nicht dem Transparenzgebot. Verbraucher können nicht erkennen, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang Änderungen der Vertragsbedingungen erfolgen können. Der Verwender erhält einen zu weiten Interpretations- und Änderungsspielraum.

Verträge mit Verbrauchern

  • Bei Verträgen, die nicht online abgeschlossen werden (z. B. durch Postversand), reicht ein bloßer Hinweis oder Link auf die Online-AGB für deren wirksame Einbeziehung grundsätzlich nicht aus. Die AGB müssen so zur Verfügung gestellt werden, dass der Verbraucher zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zumutbar vom Inhalt Kenntnis nehmen kann – also beispielsweise durch Beifügen der AGB als Papierausdruck.
  • Ein Verweis auf sich ändernde Online-AGB ist besonders problematisch, weil die konkrete Fassung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht eindeutig identifizierbar ist und dem Kunden spätere einseitige Änderungen nicht klar aufgezeigt werden.

  • Bei postalischem Vertragsschluss sollte immer die jeweils aktuelle Fassung der AGB in Papierform oder als dauerhaft speicherbares Dokument übergeben werden.

  • Dynamische Verweisungen auf Online-AGB sollten vermieden werden, wenn ein Medienbruch zwischen Vertragsschlussmedium und Zugänglichmachung der AGB besteht.
  • Die AGB-Klauseln müssen klar und verständlich sein und dürfen kein „verstecktes“ Änderungsrecht für den Verwender enthalten.

Verträge mit Unternehmern (B2B)

  • Bei Verträgen zwischen Unternehmern wird regelmäßig erwartet, dass beide Parteien Zugang zu und Verständnis von Online-Dokumenten haben. Ein Verweis auf online abrufbare AGB ist deshalb für Unternehmer typischerweise ausreichend, wenn nicht besondere Umstände dagegen sprechen.
  • Das Verbot dynamischer Verweisungen gilt auch für Unternehmer. Aus der Bezugnahme muss sich ergeben, welche Fassung der AGB bei Vertragsschluss gilt, beispielsweise durch "... es gelten unsere AGB in der Fassung vom (Datum)"

Fazit

Die strengen Anforderungen des BGH-Urteils zur Einbeziehung von Online-AGB, insbesondere das Problem des Medienbruchs und die Transparenzkontrolle, gelten in der vorliegenden Schärfe nicht unmittelbar für Verträge mit Unternehmern. Im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern (B2B) ist ein reiner Online-Verweis grundsätzlich zulässig, solange klar ist, auf welche Fassung der AGB Bezug genommen wird.

Im grenzüberschreitenden Geschäftsverkehr müssen die AGB immer beigefügt werden.


  • Claus Suffel

    Rechtsanwalt

    Telefon (03641) 310 17-0
    Telefax (03641) 310 17-77

    E-Mail