BGH: Kein unbegrenzter Einbehalt der Miete bei Wohnungsmängeln!

BGH, Urteil vom 17.06.2015, Az. VIII ZR 19/14

Bei Sachmängeln an der Mietsache kann der Mieter unterschiedliche Rechte geltend machen - er ist beispielsweise berechtigt, die Miete zu mindern und gleichzeitig Mangelbeseitigung zu verlangen.

Beseitigt der Vermieter trotz einer solchen Aufforderung den Mangel nicht, ist der Mieter zudem berechtigt, - neben der Minderung - auch einen Teil der Miete einzubehalten. Dies beruht auf dem gesetzlichen Leistungsverweigerungsrecht gem. § 320 BGB.

Im Rahmen einer Räumungsklage hatte der Bundesgerichtshof (BGH) zuletzt darüber zu entscheiden, in welchem Umfang der Einbehalt der Miete rechtmäßig ist.

In der juristischen Literatur als auch in der Rechtsprechung der untergeordneten Gerichte werden viele unterschiedliche Auffassungen vertreten, wie ein angemessener Einbehalt der Miete zu ermitteln ist.

Der BGH hat in seiner umfangreichen Grundsatzentscheidung jedoch klargestellt, dass eine schematische Ermittlung des Einbehalts - wie etwa bei der Minderung – gar nicht möglich ist. Es kommt vielmehr stets auf sämtliche Besonderheiten des Einzelfalls an.

Der Einbehalt der Miete dient nach Auffassung des BGH dazu, vorübergehend(!) Druck auf den Vermieter auszuüben, damit dieser seiner Pflicht zur Mangelbeseitigung nachkommt. Ist jedoch zu erkennen, dass der Vermieter trotz des ausgeübten Drucks den Mangel nicht beseitigt, hat das Leistungsverweigerungsrecht seinen Zweck verfehlt. Der Mieter ist sodann gehalten, sich selbst wieder vertragstreu zu verhalten und die geschuldete (geminderte) Miete zu entrichten.

Der BGH hat auch darauf hingewiesen, dass der insgesamt einbehaltene Betrag in einer angemessenen Relation zur Bedeutung des Mangels stehen muss. Aus diesem Grund ist das Zurückbehaltungsrecht in Wohnraummietverhältnissen nur "schonend" auszuüben.

Abschließend weist der Senat darauf hin, dass dem Mieter auch andere Mängelrechte zu Verfügung stehen, etwa die Mangelbeseitigungsklage oder die Kündigung des Mietverhältnisses in Kombination mit der Geltendmachung des Kündigungsfolgeschadens.

Dieses Urteil sendet ein starkes Signal an die Mieter, dass im Wohnraummietrecht das Zurückbehaltungsrecht nicht unbegrenzt neben der Minderung geltend gemacht werden darf - im schlimmsten Fall droht die fristlose Kündigung!

Bei der Ausübung dieses Rechts ist daher stets Vorsicht geboten.