OLG Hamm: Auch bei einer gewerkeweisen Vergabe kann ein Verbraucherbauvertrag vorliegen. Der Verbraucherbauvertrag ist nicht auf die Errichtung eines Einfamilienhauses mit oder ohne Einliegerwohnung beschränkt.

OLG Hamm, Urteil vom 24.04.2021, Az. 24 U 198/20

Der Unternehmer verlangte eine Bauhandwerkersicherung. Die Auftraggeberin berief sich auf das Vorliegen eines Verbraucherbauvertrages, auf den die Bestimmungen der Bauhandwerkersicherung, § 650f BGB, nicht anzuwenden sind. Die Auftraggeberin, nach eigenen Angaben Hausfrau und geringfügig im Unternehmen ihres Ehemannes beschäftigt, ließ eine Halle errichten, um diese an das Unternehmen ihres Ehemannes zu vermieten.

Die Bauhandwerkersicherung war bis 2017 in § 648 a BGB in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung geregelt. Danach konnte keine Bauhandwerkersicherung verlangt werden, wenn der Auftraggeber eine natürliche Person ist und die Bauarbeiten zur Herstellung oder Instandsetzung eines Einfamilienhauses mit oder ohne Einliegerwohnung ausführen lässt.

Nach dem seit 2018 geltenden §§ 650f Abs. 5 BGB kommen die Regelungen der Bauhandwerkersicherung nicht zur Anwendung, wenn der Besteller Verbraucher ist und es sich um einen Verbraucherbauvertrag oder Bauträgervertrag handelt.

Vorliegend hatte das Oberlandesgericht Hamm keine Zweifel an der Verbrauchereigenschaft der Bauherrin, da auch die Errichtung und Vermietung eines betrieblich genutzten Gebäudes der privaten Vermögensverwaltung zuzuordnen ist und damit keine Unternehmereigenschaft begründet.

§ 650i BGB geht von einem Verbraucherbauvertrag aus, soweit der Auftraggeber Verbraucher ist und ein neues Gebäude errichten oder in erheblichem Maße umbauen lässt. Die Eigennutzung oder eine Nutzung zu Wohnzwecken ist nicht Voraussetzung.

Bislang gingen wesentliche Teile von Rechtsprechung und Literatur davon aus, dass nur dann ein Verbraucherbauvertrag vorliegen kann, wenn das Gebäude aus einer Hand errichtet wird.

Das sieht das OLG Hamm grundlegend anders. Es erachtet den Bauherren bei einer gewerkeweisen Vergabe genauso schutzwürdig wie den Bauherren eines schlüsselfertig zu errichtenden Gebäudes. Voraussetzung ist lediglich, dass die Beauftragung aller Gewerke zeitgleich oder in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Erstellung des neuen Gebäudes erfolgt, die Erstellung eines neuen Gebäudes für den Unternehmer ersichtlich ist und die Gewerke zum Bau des neuen Gebäudes selbst beitragen.

Diese Voraussetzung sah das Oberlandesgericht Hamm als gegeben an.

Da eine höchstrichterliche Entscheidung (BGH) zu dieser Frage noch aussteht, bleibt abzuwarten, ob sich die Auffassung des OLG Hamm in der Praxis durchsetzt.

  • Claus Suffel

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